© privat
Bernard Beckett
Autor*in
Bernard Beckett, geboren 1967, ist einer der bekanntesten und profiliertesten neuseeländischen Autoren für junge Erwachsene. Seit 1999 hat er acht Romane veröffentlicht, von denen viele mit den wichtigsten Literaturpreisen Neuseelands ausgezeichnet wurden. "Wie du ihr" war in der Kategorie Junge Erwachsene für den New Zealand Post Book Award nominiert. Beckett lebt mit seiner Frau Clare in Wellington. Er unterrichtet Mathematik und Englisch an einer Highschool.
-
Downloads
-
„Das neue Buch Genesis“ ist ein erschreckendes Endzeitszenario, in dem die Menschheit durch Kriege, Umweltverschmutzung und künstlich verursachte Pandemien nahezu vernichtet wurde. Befürchten Sie, Ihr Roman könnte prophetisch sein?
Post-apokalyptische Erzählungen sind schon immer beliebt gewesen. Die Geschichte zeigt uns, dass wir schon immer nur zu gerne daran glauben wollten, dass das Ende nah ist. Diese Möglichkeit hat etwas Faszinierendes. Ich persönlich glaube nicht, dass mein Roman vielleicht einmal die Zukunft widerspiegeln wird. Es ist furchtbar schwierig vorherzusehen, wie die Dinge verlaufen werden. Die Einflüsse sind einfach so vielschichtig.
Die Figur Adam folgt moralisierend ethischen Prinzipien. Trotzdem sind die Methoden, die er nutzt, um seine Ziele zu erreichen, sehr drastisch. Glauben Sie, dass extreme Umstände drastische Maßnahmen rechtfertigen?
Ja, manchmal sind extreme Methoden notwendig. Aber die Gefahr liegt darin, wie schnell das Schreckliche zu Normalität werden kann und moralische Maßstäbe verloren gehen. Es ist nicht schwer, Fälle zu finden, in denen die Unterdrückten sich wütend erheben, nur um danach selbst diktatorische und menschenverachtende Regime aufzubauen.
Sehen Sie sich selbst an erster Stelle als Science Fiction Autor oder als ein politisch engagierter Schriftsteller? Beziehungsweise, wie würden Sie Ihren Roman gerne verstanden wissen?
Ich bin der Meinung, Science Fiction kann eine großartige Plattform sein, um wichtige ethische und politische Themen zu diskutieren und zu entwickeln und in diesem Sinne habe ich die Elemente der Science Fiction in „Genesis“ genau dazu genutzt. Ich wurde also eher von den Ideen als vom Genre angetrieben. Ich habe es nur als Science Fiction geschrieben, weil das für mich der Weg war, die Geschichte so zu erzählen, die ich es wollte – eine Fabel, die erkundet, wie wir dazu kommen, uns als menschlich zu definieren.
Ein zentrales Thema Ihres Romans ist die Frage, wie Leben definiert werden und wie künstliche Intelligenz für lebendig erklärt werden könnte. Ab welchem Punkt – Ihrer Meinung nach – würden Sie von „Leben“ sprechen?
Es ist wichtig zu verstehen, dass es eine zutiefst menschliche Angewohnheit ist, zu kategorisieren. Kategorien existieren laut Kant eher im Kopf als in der Natur. Die Fähigkeit, Dinge in Gruppen einzuteilen und Unterscheidungen zu machen, ist eine für das Überleben unerlässliche Fähigkeit, weil sie es uns erlaubt, einigermaßen sichere Vorhersagen über die Welt, in der wir leben, zu treffen. Aber letztlich sind diese Unterscheidungen nur ein mögliches Hilfsmittel. Biologen beispielsweise haben ihre eigene Definition von Leben und gemäß einer solchen Definition ist es plausibel, dass Maschinen eines Tages lebendig sein werden. Dann stellt sich natürlich automatisch die Frage nach einer Definition dessen, was uns als Menschen auszeichnet und gleichzeitig von künstlichen Intelligenzen abgrenzt. Und wie bei allen moralischen Herausforderungen glaube ich nicht, dass es jemals um etwas absolut Richtiges oder Falsches gehen wird, sondern eher darum, dass wir uns fragen, in welcher Welt wir gerne leben wollen und wie wir das am besten erreichen.
In Ihrem Roman fungiert der Androide ART als eine Schlüsselfigur. Schätzen Sie künstliche Intelligenz als eine Gefahr für die Menschheit oder nur als einen logischen Fortschritt in der Evolution ein?
Art ist ein fiktionales Hilfsmittel, das geschaffen wurde, um Adams (und somit auch des Lesers) Auffassung seiner selbst herauszufordern. In Wirklichkeit ist künstliche Intelligenz sehr weit entfernt von der Art Lebewesen, wie es hier entworfen wurde. Andererseits sind unsere heutigen Computer sehr weit entfernt von denen, die vor sechzig Jahren erdacht wurden. Ich glaube, die Entwicklung auf diesem Gebiet wird wahrscheinlich von sanfter und evolutionärer statt revolutionärer Natur sein. Wir sind gut darin, uns auf neue Technologien einzustellen und Nutzen aus ihnen zu ziehen und meist ist das eher aufregend als bedrohlich.
In „Das neue Buch Genesis“ werfen Sie einige universelle Fragen auf, die den Sinn des Lebens, die persönliche Identität und die Freiheit des Einzelnen betreffen. Sind diese Fragen gerade in der heutigen Zeit besonders dringlich?
Als Lehrer hoffe ich, dass diese Fragen immer dringlich sind. Ich finde, dass es Themen sind, auf die jede Generation zurückkommen muss, damit wir niemals selbstgefällig in unseren Ansichten verharren oder verführt werden, anzunehmen, unser Blick auf die Welt sein der einzig mögliche. Einerseits sehen wir viele Konflikte, die auf Unterschieden in Kultur und Glauben beruhen, was sehr beunruhigend ist. Andererseits bin ich aber auch zuversichtlich, dass junge Menschen vor allem durch das Internet lernen, besser mit unterschiedlichen Meinungen und Kulturen umzugehen. Ich glaube mein Liebling aller griechischer Philosophen ist Protagoras, weil er uns daran erinnert, dass Meinungen „nur“ subjektiv, niemals objektiv und damit allgemein gültig sein können. Stattdessen müssen sie immer wieder hinterfragt und aktualisiert werden. Wenn ich Menschen sehe, die glauben, eine tiefe und absolute Wahrheit erkannt zu haben, erschreckt mich das am meisten.